In vielen ländlichen Gebieten ist eine ausreichende medizinische Grundversorgung für Kinder und Jugendliche keine Selbstverständlichkeit mehr. Meine Partei hat zu dieser Thematik ein Positionspapier veröffentlicht, das mir sehr am Herzen liegt. Wir wollen, dass jedes kranke Kind als Kind betrachtet wird und nicht als Fall. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie brauchen deshalb eine Medizin, die auf sie ausgerichtet ist.
Die Forderungen des SPD-Parteivorstands zusammen mit der SPD-Bundestagsfraktion lauten:
- Das Abrechnungssystem muss umgestellt werden. Die SPD will weg von den Fallpauschalen hin zu einer neuen Finanzierung. Wir wollen ein System der Grundfinanzierung für die niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte und -psychiater, die Sozial-Pädiatrischen Zentren und die Kinder- und Jugendkliniken entwickeln, das durch eine individualisierbare Finanzierung von Behandlungen ergänzt wird. Diese Grundfinanzierung muss einhergehen mit höheren Sicherstellungszuschlägen für die allgemeine stationäre Versorgung, die absichert, dass Krankenhäuser in ländlichen Gebieten auch weiterhin für die Menschen da sein können.
- 13 Prozent, und somit 390 Millionen Euro, des im Konjunkturpaket verabschiedeten milliardenschweren Zukunftsprogramms zur Stärkung der Krankenhäuser sollen in die Kinder- und Jugendmedizin fließen – sofort. Warum? Weil Kinder bis 14 Jahre in Deutschland circa einen Anteil der Bevölkerung von etwa 13 Prozent haben, bei den Gesundheitskosten aber derzeit nur 8 Prozent für sie aufgewendet werden.
- Es gibt immer weniger Kinderärztinnen und -ärzte – diesen Trend will die SPD durch neue Anreize umkehren. Es muss schon während des Medizinstudiums verstärkt um den Fachnachwuchs in der Kinder- und Jugendmedizin, der Kinderpsychiatrie und in zunehmendem Maße auch der Kinderchirurgie geworben werden. So wie es mit der Einrichtung von eigenständigen „Klassen für Allgemeinmedizin“ gelungen ist, mehr Medizinerinnen und Mediziner für den Beruf als Hausärztin oder Hausarzt zu begeistern, müssen wir ähnliche Instrumente für den Bereich der Kinder- und Jugendmedizin entwickeln. Schon während des Studiums kann im Verbund mit Ausbildungspraxen von niedergelassenen Kindermedizinerinnen und -medizinern für diesen Beruf vermehrt geworben werden. Im Sinne der Grundversorgung der Kinder– und Jugendmedizin wäre es zudem hilfreich, wenn der Bund sich zukünftig an der Finanzierung von Studienplätzen an den medizinischen Fakultäten beteiligt, um damit die Kapazitäten in den Ländern zu erhöhen und dem generellen Fachkräftebedarf langfristig gerecht zu werden.
- Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Telemedizin bieten gerade für die medizinische Versorgung in ländlichen Regionen neue Möglichkeiten – das haben jüngste Erfahrungen von spezialisierten Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten in der Corona-Krise gezeigt. Grundvoraussetzung hierfür ist eine stabile digitale Infrastruktur. Die Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen oder das Hinzuziehen von Experten zur Diagnose oder Behandlung über telemedizinische Konsile kann den Patienten Verlegungen in andere stationäre Einrichtungen ersparen oder ein schnelleres Eingreifen von Spezialisten ermöglichen. Digitalisierung im Gesundheitswesen schafft damit greifbare Vorteile für Patienten, Ärzte und nicht zuletzt für das Solidarsystem. Wir setzen uns daher für die Erschließung der Möglichkeiten der Telemedizin für die Kinder- und Jugendmedizin ein.
- Kinder- und Jugendgesundheit muss stärker in den Fokus wissenschaftlicher Forschung rücken. Bislang fehlt in Deutschland eine medizinische Forschungseinrichtung auf nationaler Ebene, die das Kind bzw. den sich entwickelnden Organismus ins Zentrum rückt. Deshalb forcieren wir den Aufbau eines Kompetenznetzes für Forschung und Kooperation im Bereich Kindergesundheit, das auch die Schnittstellenproblematik der medizinischen Versorgung am Übergangsprozess chronisch kranker Patienten vom Kindes- ins Erwachsenenalter in den Fokus der wissenschaftlichen Betrachtung stellt.
- Kinder sind keine kleinen Erwachsenen! Sie brauchen deshalb eine Medizin, die auf sie ausgerichtet ist. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit und wird von den praktizierenden Kinderärztinnen und -ärzten mit Leben gefüllt. Wenn Deutschland auch im Bereich der Arzneimittelversorgung für Kinder und Jugendliche besser werden will, muss in einem ersten Schritt über einen größeren Einfluss der Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche (KAKJ) diskutiert und die Durchführung von Arzneimittelzulassungsstudien bei Kindern und Jugendlichen erleichtert werden. Gesicherte Medikamente mit einer eigenständigen Zulassung für Kinder und Jugendliche müssen der Standard werden.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn muss jetzt reagieren. Die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen verschlechtert sich seit Jahren. Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, wird im September eine entsprechende Initiative im Bundesrat starten.
Hier können Sie das Positionspapier herunterladen: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Parteispitze/20200728_Beschluss_Kinder.pdf