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Diskussion zur Zukunft der Pflege

Kürzlich kam ich mit Kornelia Schmid, Vorsitzende des Vereins Pflegende Angehörige., Heike Baehrens, Pflegebeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Anna Lena Tegtmeier, examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und Gabriele Edling als ver.di Betriebsgruppenmitglied in der Online-Veranstaltung „Zukunft der Pflege – was gibt es zu tun?“ zu einer Diskussion über die Herausforderungen in der stationären und ambulanten Pflege sowie der Pflege von Angehörigen zusammen.

 

„Nur wenn es den Pflegenden gut geht, geht es auch den Pflegebedürftigen gut!“ Diesem Zitat von Frau Schmid vom Verein Pflegende Angehörige konnten die Referentinnen der Veranstaltung allesamt zustimmen. Pflege betrifft alle irgendwann. Wegen des demographischen Wandels stehen wir vor großen Herausforderungen in der Pflege. Umso wichtiger ist es, dass wir regelmäßig den Dialog mit den Menschen suchen, die sich Tag für Tag mit großem Einsatz um erkrankte, pflegebedürftige, und ältere Menschen kümmern.

 

Heike Baehrens, Pflegebeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion berichtet über die Vorhaben der Fraktion: „Als SPD wollen wir pflegende Angehörige noch besser entlasten. Dazu gehört, dass Leistungen der Pflegeversicherung regelmäßig erhöht werden und flexibel in Anspruch genommen werden können. Häufig fehlt der Überblick über alle Hilfe- und Unterstützungsleistungen. Deswegen wollen wir die Beratung über vorhandene Angebote verbessern. Wir brauchen dringend mehr ‚PflegelotsInnen‘ und eine bessere Vernetzung bestehender Beratungsangebote von Kranken- und Pflegekassen, Pflegestützpunkten und Kommunen“

 

Kornelia Schmid vom Verein Pflegende Angehörige ist selbst pflegende Angehörige. Ihr Verein berät Betroffene, bietet digitale Unterstützung und Netzwerkarbeit und vertritt Meinungen der Mitglieder in der Politik. „Sorge- und Pflegearbeit bedeutet die Veränderung des eigenen Lebenskonzepts. Neben vielen Problemen bedeutet es auch große psychische Belastungen, oft auch verbunden mit Schuldgefühlen“, so Kornelia Schmid. Das Schlimmste dabei sei, wenn man allein gelassen werde.

Sie stellt fest, dass Pflege oft ein „Glückssystem“ sei: Familiäre Unterstützung, Nachbarschaftshilfe, die Wohnlage, gute Qualität/Quantität der Pflege-Infrastruktur und vieles andere mehr spielen dabei eine große Rolle.

„Gesetzliche Vorgaben führen leider oft zu hohen bürokratischen Hürden. Hier den Überblick zu behalten kostet viel Zeit und Kraft, die für die Pflegebedürftigen benötigt wird“, beklagt die Vereinsvorsitzende. Durch Corona brach viel Hilfe aus dem sozialen Umfeld weg und brachte die Pflegenden über ihre Grenzen. Verhinderungspflege war in dieser Zeit die wichtigste Entlastungsmöglichkeit. Dass Minister Spahn sich dagegen stellte habe die Pflegenden Angehörigen entsetzt.

„Es braucht zugehendes Wissen und Hilfe bei Bedarf, gute Zusammenarbeit des gesamten „Pflegekonstrukts“, Anerkennung und Wertschätzung von Politik, Gesellschaft und Familie, und vor allem auch emotionale Unterstützung“, resümiert Frau Schmid nach ihrem Vortrag.

 

Anna Lena Tegtmeier ist Gesundheits- und Krankenpflegerin, arbeitete lange Jahre in der Notaufnahme und kennt die Sorgen und Nöte sowohl im stationären wie im ambulanten Pflegedienst.

„Ambulante Pflege wird in der Pflegediskussion oft vergessen“, berichtet Anna Lena Tegtmeier. „Familienstrukturen ändern sich und es gibt viel mehr Menschen, die alleine sind und ambulant betreut werden müssen.“

Auch bei einem verpflichtenden Tariflohn gäbe es immer noch keine ausreichende Begeisterung für den Beruf. Zudem sieht Frau Tegtmeier ein Problem bei der Generalistik: „Nur noch stationäre Einrichtungen bilden aus, dabei werden ambulante Einsätze heute immer wichtiger. Zudem sind Praxiserfahrungen in der Pflegeausbildung immens wichtig. Eine Akademisierung kann hier nicht der richtige Weg sein.“

 

Gabriele Edling ist von Beruf Fachkrankenschwester für Anästhesie- und Intensiv-Pflege und kann auf langjährige Berufserfahrung zurückgreifen. Zudem vertritt sie als Mitglied der ver.di Betriebsgruppe die Interessen ihrer Kolleginnen und Kollegen. „Generell braucht es eine bessere Bezahlung in der Pflege“, so Gabriele Edling. „Die Arbeit zu ungünstigen Zeiten muss wesentlich besser honoriert werden, denn es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen, die im Schicht-Dienst arbeiten, eine drei bis fünf Jahre geringere Lebenserwartung haben.“

Auch in Bezug auf die Rente benötige es Anpassungen:

„Wir benötigen die Herabsetzung des Renteneintrittsalters für Pflegeberufe. Kaum jemand arbeitet aufgrund der hohen Belastung noch in Vollzeit bis zum 67. Lebensjahr“, erklärt die

passionierte Krankenschwester. Auch Anna Lena Tegtmeier berichtet von Kolleginnen und Kollegen, die bereits in ihren 50ern am Ende ihrer Kräfte seien. „Deshalb brauchen wir einen früheren Renteneintritt ab dem 60. Lebensjahr oder nach 45 Beitragsjahren. Durch Anhebung der Vergütung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Herabsetzung des Renteneintrittsalters wird es gelingen, den Pflegeberuf für junge Menschen wieder attraktiver zu gestalten“, fordert Gabriele Edling.

 

Es gibt noch viel zu tun. Und in jedem Fall wollen wir bald wieder in dieser Runde zusammenkommen und uns austauschen.