Verhandlungen sind nie so, dass eine Seite alles bekommt und die andere nichts – das gilt auch für die Sondierungsgespräche zwischen SPD und Union. Wir haben aber dafür gesorgt, dass im Ergebnispapier zahlreiche Punkte enthalten sind, die das Leben von vielen Menschen besser machen könnten:
Die Wiederherstellung der Parität in der Gesetzlichen Krankenversicherung wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung. Der Rechtsanspruch auf Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit würde in erster Linie berufstätigen Frauen und ihren Familien zugutekommen, ebenso der bundesweite Einstieg in die Abschaffung der Kita-Gebühren. Besonders freut es mich auch, dass wir eine Aufwertung von sozialen Berufen erreichen konnten. Die Pflegekräfte leisten einen hohen Dienst an der Gesellschaft, indem sie sich um Alte, Kranke und Hilfsbedürftige kümmern. In Zukunft sollen sie besser bezahlt werden. Auch die Schaffung einer Grundrente, die zehn Prozent oberhalb des regionalen Grundsicherungsbedarfs liegt (bei mindestens 35 Beitragsjahren oder Zeiten der Kindererziehung bzw. Pflegezeiten) sowie die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent sehe ich als große Pluspunkte an.
Natürlich gibt es auch Dinge, die mir fehlen, zum Beispiel die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung. Menschen brauchen Sicherheit, auch in der Arbeitswelt. Dies durchzusetzen ist uns leider nicht gelungen.
Für mich wiegen die von uns herausverhandelten Punkte aber schwerer als die Punkte, die wir nicht durchsetzen konnten. Das Sondierungspapier trägt eine deutliche sozialdemokratische Handschrift. Deshalb kann ich mit dem Eintritt in Koalitionsverhandlungen mit der Union leben. Es gibt dafür aber keinen Blankoscheck. Unsere Partei ist eine lebendige Volkspartei. Am kommenden Sonntag werden die Delegierten auf dem Parteitag in Bonn nicht über einen Koalitionsvertrag abstimmen, sondern über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen – basierend auf dem Sondierungspapier. Das letzte Wort über den Koalitionsvertrag an sich haben dann alle Parteimitglieder. Sie werden in einer Mitgliederbefragung entscheiden.