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Austausch mit Direktversicherungs-geschädigten aus Nienburg, Schaumburg und Minden: Forderung nach Ende der Doppelverbeitragung

Kürzlich habe ich mich mit Vertretern von „Direktversicherungsgeschädigte e.V.“ in Minden getroffen. Beim Stammtisch des Vereins treffen sich regelmäßig Betroffene aus Nienburg, Schaumburg und Minden.  Bereits im Sommer 2017 habe ich mich mit ihnen über die Beitragspflicht für Kapitalauszahlungen aus Direktversicherungsverträgen, die sogenannte Doppelverbeitragung, ausgetauscht.

Nach einer kurzen Vorstellung meiner Person habe ich in die aktuelle politische Diskussion rund um das Thema eingeführt. Ich habe auf die Beschlüsse der SPD-Landesgruppen Niedersachsen/Bremen und Nordrhein-Westfalen „Doppelverbeitragung bei Betriebsrenten abschaffen!“ vom Juni und Juli 2018 verwiesen. In den Beschlüssen wird eine Halbierung des Krankenkassenbeitrags und die Umwandlung der Freigrenze in einen Freibetrag gefordert. Fraktionsvize Karl Lauterbach hat diese Forderung für die gesamte SPD-Bundestagsfraktion vor kurzem nochmals öffentlich unterstrichen. Rückzahlungen der bereits bezahlten Beiträge schloss er aus. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, der für Betriebsrenten zuständig ist, hat ebenfalls gesagt, dass das Thema auf den Prüfstand müsse.

Wir als SPD sehen den Handlungsbedarf und das schon seit über einem Jahr. Bereits im Juni 2017 hat unser Parteivorstand einen dementsprechenden Beschluss gefasst. In den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU haben wir uns mit Nachdruck dafür eingesetzt, die Beitragsfestsetzung für die Bezüge aus Direktversicherungen neu zu regeln. Leider konnten wir uns in diesem Punkt nicht durchsetzen. Aber wir lassen nicht locker, das zeigen unsere aktuellen Initiativen. Ich hoffe, dass bei der Union doch noch Vernunft einkehrt.

Marja-Liisa Völlers, MdB (Mitte) beim Stammtisch der Direktversicherungsgeschädigten in Minden

Im Anschluss an meine Einschätzung diskutierten die Mitglieder des Stammtischs das Pro und Contra des aktuellen SPD-Vorstoßes. Unter den Teilnehmern war auch der Bundesvorsitzende der Direktversicherungsgeschädigten, Gerhard Kieseheuer. Der Stammtisch nahm positiv zur Kenntnis, dass sich beim Thema Beitragspflicht etwas bewegt. Dass Rückzahlungen ausgeschlossen werden, lehnen die Direktversicherungsgeschädigten ab. Ohne eine Rückzahlungsregelung werde das Vertrauen in den Rechtsstaat allgemein und in die staatlich geförderte betriebliche Altersversorgung nicht wiederhergestellt, so die Mitglieder. Denn die Direktversicherten hätten bei ihrer eigenverantwortlichen Vorsorge darauf vertraut, dass ihre Kapitalauszahlungen weiterhin beitragsfrei seien.  Mit dem Wissen, dass später rückwirkend volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge gezahlt werden müssten, wären die Verträge damals nicht abgeschlossen worden. Denn alternativ waren auch private Kapitallebensversicherungen möglich. Diese hätten zwar aus dem Nettoeinkommen eingezahlt werden müssen, wären aber bei Auszahlung komplett steuer- und sozialabgabenfrei gewesen.

Mit der von uns vorgeschlagenen Lösung schaffen wir zwar nicht alle Ungerechtigkeiten aus der Welt, aber wir sorgen für eine deutliche Entlastung der Betriebsrentnerinnen und -rentner.

Ich habe dem Mindener Stammtisch der Direktversicherungsgeschädigten zugesagt, ihre Anregungen an meine Landesgruppe und die zuständigen Fachpolitiker in Berlin weiterzugeben. Da die Problematik vielen Bundestagsabgeordneten aber schon sehr gut bekannt ist, habe ich dem Verein empfohlen, seine zentralen Forderungen nochmal kurz und prägnant zu formulieren, zu begründen und vor allem mit den voraussichtlich entstehenden Kosten zu beziffern. Dann werde ich diese gerne nochmal an die entsprechenden Stellen weitergeben.

Zum Hintergrund:

Betriebsrentenzahlungen bis zu einer Freigrenze von aktuell 152,25 Euro monatlich sind schon heute von der Beitragszahlung befreit. Übersteigt die Betriebsrentenzahlung diese Höhe, wird jedoch seit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz von 2004 der volle Beitrag für Kranken- und Pflegeversicherung auf die gesamte Betriebsrente erhoben. Die Regelung wurde damals ohne Vertrauensschutz eingeführt, d.h. auch vor 2004 geschlossene Verträge sind betroffen.  Durch die Umwandlung in einen Freibetrag würden die Betriebsrenten bis zur Höhe von derzeit 152,25 Euro generell beitragsfrei gestellt, egal wie hoch die Betriebsrente insgesamt ausfällt. Die Gesamtbelastung würde somit sinken.

Im Gegensatz zu den Betriebsrenten mussten bis 2003 auf Auszahlungen aus Direktversicherungen gar keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden. Monatliche Einzahlungen waren schon in der Einzahlungsphase beitragspflichtig. Ab 2004 müssen rückwirkend auch auf schon abgeschlossene Verträge volle Kranken- und Pflegeversicherungs-beiträge gezahlt werden. Diese Beiträge sind in 120 Monatsraten zu zahlen.