Vor kurzem hat sich der Arbeitskreis „Stoppt Energiesperren“ mit mir getroffen. Dabei waren Marion Schaper (Diakonisches Werk), Wolfgang Lippel (Der Paritätische), Wolfgang Kopf (Bürgerinitiative Bedingungsloses Grundeinkommen) und Matthias Mente (WohnWege). Gemeinsam haben wir die verschiedenen Möglichkeiten, Strom- und Energiesperren zu verhindern besprochen.
Bei einer Energiesperre wird dem Kunden der Strom bzw. das Gas gekappt. Diese Maßnahme wird häufig dann angewandt, wenn der Kunde mit seinen Zahlungen im Verzug ist. Für eine Energiesperre muss der Zahlungsverzug mindestens 100 Euro betragen. Der Energieversorger ist verpflichtet, eine solche Sperre mindestens vier Wochen vorher anzukündigen. Drei Tage vor der Sperre muss er den Kunden erneut informieren. Im Landkreis Nienburg erfolgen rund 300 Energiesperren pro Jahr.
Ohne Strom im Haushalt läuft gar nichts: kein Herd, kein Kühlschrank, kein Licht, kein Telefon, kein Router für das Internet und noch nicht einmal die Heizung und warmes Wasser. Solche Umstände sind nicht zu ertragen und setzen den Betroffenen ziemlich zu. Wir müssen alles tun, um diese Eingriffe zu verhindern.
Energiesperren treffen häufig Menschen, die auf Leistungen vom Staat angewiesen sind. Der Arbeitskreis Stoppt Energiesperren betont: „Energiearmut ist Armut.“ Die favorisierte Lösung für den Arbeitskreis wäre, die Stromkosten aus dem Hartz-IV-Regelsatz herauszunehmen und zu den Unterkunftskosten hinzuzuzählen. So erhielten Leistungsbezieher für Strom und Gas keine Pauschalbeträge, sondern die Kosten hierfür würden in ihrer tatsächlichen Höhe vom Jobcenter übernommen werden. Das ist bereits bei den Heizkosten der Fall. Dafür gibt es den bundesweiten Heizungsspiegel. Der Arbeitskreis findet, es solle auch einen bundesweiten Stromspiegel geben.
In einigen Fällen würden schon kleine Maßnahmen helfen, die Energiearmut zu verhindern. So bieten einige Energieversorger ihren Kunden den günstigeren Tarif gar nicht erst an. Der Kunde muss anrufen und um den günstigeren Tarif bitten.
Manche Haushalte haben sehr hohe Energiekosten aufgrund einer schlechten Isolierung des Wohnhauses. Die Vermieter kommen kaum an Förderungen und führen deshalb keine energetischen Sanierungen durch. Die Förderinstrumente müssen an dieser Stelle angepasst werden, finde ich. Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf geeinigt, energetische Sanierungen zu unterstützen. So kann nicht nur den Mietern geholfen werden – unsere Gesellschaft wird auch klimafreundlicher.
Eine Zwischenlösung wäre für den Arbeitskreis die Einführung von „Clearingstellen“. Diese würden bereits vor der Sperre greifen und Energiearmut verhindern. Die Energieversorger meldeten eine sich anbahnende Energiearmut an die „Clearingstelle“ vor Ort. Die Mitarbeiter in der Stelle könnten dann mit den betroffenen Kunden in Kontakt kommen und gemeinsam eine Lösung erarbeiten. Eine solche Meldestelle gäbe es bereits bei Wohnungslosigkeit. Eine Erweiterung für Strom solle eigentlich kein großer Schritt sein.
Ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Situation könnte aus Sicht des Arbeitskreises die Einrichtung eines Prepaid-Systems sein. Wenn Haushaltsenergie im Voraus bezahlt wird, kann es nicht zu hohen Nachzahlungen kommen. Allerdings lösen Prepaid-Systeme nicht das vielschichtige Problem an sich.