Angesichts der katastrophalen Umfragewerte für die SPD bei 12 Prozent: Fürchten Sie um den Wiedereinzug in den Bundestag bei der nächsten Wahl?
Klar ist, ein Wiedereinzug wird alle Kräfte abverlangen. Und das natürlich nicht nur von mir, sondern auch von meiner Familie, meinen Freundinnen und Freunden und den vielen engagierten Genossinnen und Genossen in unseren heimischen Landkreisen. Aber wenn uns diese gemeinsame Kraftanstrengung gelingt, dann bin ich überzeugt, dass uns auch der Wiedereinzug gelingt.
Sehen Sie bei diesen Umfragewerten überhaupt eine Chance, den Wahlkreis direkt zu gewinnen?
Eine Chance gibt es immer. Klar, die aktuellen Umfragewerte sind alles andere als wünschenswert. Aber Trübsal blasen ist nicht. Da ist jetzt Kämpfen angesagt! Wir stecken gerade mittendrin in der inhaltlichen Neuausrichtung unserer Partei. Es gilt jetzt, daran mit voller Kraft weiter zu arbeiten. Die Menschen müssen wieder erkennen können, wofür wir in der SPD stehen und wo wir in Zukunft hinwollen. Dazu gehören für mich zum Beispiel eine gute Gestaltung von Arbeit und Bildung in der digitalen Welt sowie ein überzeugender Ausgleich von sozialen und ökologischen Fragen. Und das alles müssen wir auch deutlich und verständlich kommunizieren. Nur so können wir verlorenes Vertrauen zurückgewinnen und neues aufbauen.
Wird es nicht sehr schwierig, einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste zu bekommen und so in den Bundestag einzuziehen?
Ach, mit Spekulationen um mögliche Listenplatzierungen will ich gar nicht meine Zeit vertun. Ich bin in den Bundestag eingezogen, um das Beste für die Bürgerinnen und Bürger hier in unserer Heimat zu erreichen. Das ist meine Messlatte. Ich will selbst mit guten Inhalten überzeugen. Deshalb ist für mich klar, dass ich den Wahlkreis bei der nächsten Wahl direkt gewinnen will. Für dieses Vertrauen kämpfe ich jeden Tag.
Falls Sie bei der nächsten Bundestagswahl nicht gewählt werden: Wie sähe dann Ihre berufliche Zukunft aus?
Bevor ich in den Bundestag eingezogen bin, war ich Lehrerin für Englisch und Geschichte an der Integrierten Gesamtschule Schaumburg in Stadthagen. Diese Tätigkeit ruht sozusagen solange, wie ich Bundestagsabgeordnete bin. Sollte es nicht zu einer Wiederwahl kommen, dürfte ich meine Arbeit als Lehrerin in Stadthagen wieder aufnehmen. Daher bin ich glücklicherweise viel unabhängiger als andere Abgeordnete, deren wirtschaftliches Schicksal am Mandat hängt.
Wären Sie über ein Ausscheiden nach vier Jahren traurig oder würden Sie das eher gelassen sehen?
Natürlich wäre ich traurig. Ich habe dieses neue Kapitel im Bundestag ja aufgeschlagen, um für die Bürgerinnen und Bürger in den Landkreisen Schaumburg und Nienburg etwas zu bewegen. Einiges ist uns schon gelungen. So habe ich beispielsweise wesentlich daran mitgewirkt, dass der Bund endlich in den nächsten fünf Jahren die fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung unserer Schulen bereitstellt. Unsere heimischen Schulen können jetzt im Regelfall mit jeweils mindestens 30.000 Euro für die Gestaltung von digitalen Lehr- und Lernorten rechnen. Andere Herzensprojekte, wie der nachhaltige Ausbau der Ganztagsschulen oder der trassennahe Ausbau der heimischen Bahnlinie Hannover-Bielefeld, werden sich noch in die nächste Legislaturperiode ziehen. Hier will ich unbedingt weiter eine starke Stimme für unsere Region in Berlin sein.
Welche SPD-Politiker könnten Sie sich gut in der zu wählenden Doppelspitze vorstellen?
Inhaltsleere Personaldebatten bringen uns nicht weiter. Was wir jetzt brauchen, ist ein Wettbewerb der Ideen. Und genau dafür haben wir mit dem beschlossenen Verfahren zur Wahl der neuen Parteivorsitzenden die Grundlage gelegt. Da steckt nämlich richtig viel Mitbestimmung drin! Bis Anfang September können sich Teams für eine Doppelspitze oder Einzelpersonen für den Vorsitz bewerben. Dann geht es in die Regionalkonferenzen, auf denen sich die Kandidierenden vorstellen und um ihre Ideen streiten müssen. Am Ende wird sich das Team oder die Einzelperson mit den besten Ideen durchsetzen. Und ich finde, genau so muss das in einer lebendigen Demokratie sein.
Sollte die Große Koalition bis um Ende der Legislaturperiode weitermachen oder plädieren Sie für ein früheres Ende?
Wir haben uns von Anfang an dieser Koalition darauf verständigt, dass wir zur Halbzeit genau bilanzieren werden: Was konnten wir erreichen, und was wollen wir noch erreichen? Diese Zwischenbilanz steht bis Ende des Jahres an. Ob die Koalition die Halbzeitbilanz übersteht, hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Union bereit ist, die festgelegten und vereinbarten Dinge auch zu liefern. Denn wir haben noch viele sozialdemokratische Punkte im Koalitionsvertrag stehen, die wir natürlich auch umsetzen wollen. Stichworte: Grundrente, Stärkung des ländlichen Raums, Recht auf Ganztagsbetreuung oder einen sozial verträglichen und effektiven Klimaschutz.