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Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau: Digitale Bildung – mehr als Homeschooling



Dieser Gastbeitrag von unserem dem bildungspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Oliver Kaczmarek, und mir ist am 24.01.2021 in der Frankfurter Rundschau erschienen.

Tablets und Laptops für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte reichen nicht. Wir müssen Technik ergänzen.

Ob Wechselunterricht oder Lernen auf Distanz – Corona hält den Regelbetrieb weiter aus den Schulen raus. Viele Eltern stehen wieder vor der großen Herausforderung, Arbeit, Erziehung und Unterricht unter einen Hut zu bringen. Der Stand der Digitalisierung in den Lern- und Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler wird erneut zur Voraussetzung für Bildungserfolg.

Lange durften die Bildungspolitikerinnen und -politiker des Bundes digitale Bildung nur vom Spielfeldrand aus kommentieren. Wurde es konkret, blieb meist nichts anderes übrig, als auf Länderzuständigkeiten zu verweisen. 2017 gelang der Durchbruch. Mit der Abschaffung des Kooperationsverbots sind seither Investitionen vom Bund in die kommunale Bildungsinfrastruktur möglich. Zu Beginn war noch nicht klar, wie groß diese Brücke werden soll. Jetzt unterstützt der Digitalpakt Schule die bessere Ausstattung der Schulen. Corona verdeutlicht, wie viel Schubkraft der Bund noch entwickeln kann.

Wir rollen nicht nur bundesweit Tablets und Laptops für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte aus – weil wir wissen, dass Technik allein nichts bringt, bauen wir an den Schulen zudem IT-Beratungsstrukturen auf. Mit Kompetenzzentren werden wir außerdem dafür sorgen, dass sich alle Lehrkräfte unkompliziert weiterbilden können. Und eine nationale Bildungsplattform wird für die Vernetzung und Qualitätssicherung von digitalen Unterrichtsmaterialien sorgen.

Dass das gut klingt, aber noch nicht ausreichend spürbar geworden ist, liegt an dem administrativen Zuständigkeitsgerangel zwischen Bundesbildungsministerium, Ländern und Kommunen. Angesicht der Infektionszahlen müssen diese Streitereien beendet und der schnelle Mittelabfluss der Programme gesichert werden. Gerade Kinder aus ärmeren Familien drohen beim digital unterstützten Lernen stärker zurückzufallen. Sie haben häufig keine Rückzugsräume, kein Internet.

Es gibt hervorragende Beispiele, wie der digitale Unterricht aus der Ferne ausgezeichnet laufen kann. Sie stimmen hoffnungsvoll. Sie überzeugen von der Innovations- und Adaptionsfähigkeit des Schulsystems und seinem Personal. Dieses Potenzial wollen wir noch besser nutzen und in den kommenden Jahren für vier Punkte kämpfen.

Wir wollen eine digitale Lernmittelfreiheit für alle. Schnelle Leitungen, Endgeräte und gute Lernsoftware müssen für alle nutzbar sein – von der Schule bis in die eigenen vier Wände. Digitale Teilhabe darf keine Frage der Herkunft oder des Geldbeutels der Eltern sein. Neben den Schulen gehören für uns auch Jugendeinrichtungen, Bibliotheken und andere öffentliche Räume dazu. Sie alle müssen fit für das digitale Lernen gemacht werden. Daher setzen wir uns für einen Digitalpakt für die berufliche Aus- und Weiterbildung und eine Digitalisierungspauschale an den Hochschulen ein.

Zweitens wollen wir mehr Chancen durch individualisierten Unterricht und kooperatives Lernen ermöglichen. Durch KI-gestützte Unterrichtssequenzen kann Lernen besser fokussiert, Lerntempi gesteuert und private Nachhilfe ersetzt werden. Letzteres wäre wieder eine Frage des Geldes und davon wollen wir weg. Zudem bieten Technologien vor allem auch für bestehende Beeinträchtigungen viele Möglichkeiten. Etwa in Hinblick auf Vorlese- und Assistenzsysteme oder auch die Bereitstellung von Inhalten in einfacher Sprache.

Drittens kann digitales Lernen auch Lernen außerhalb des Unterrichts beleben. Ob der Bau eines Stuhls oder das Programmieren einer App – Praxissequenzen können durch Software simuliert werden, was auch neue Möglichkeiten für die frühzeitige Integration der Berufs- und Studienorientierung bietet.

Viertens wollen wir unsere Lehrkräfte stärken. Digital unterstütztes Lehren und Lernen er-möglicht mehr Wissen über Leistungsstände und Förderbedarf von Schülerinnen und Schülern. Darauf aufbauend können individuelle Fördereinheiten entwickelt werden.

Wir wollen die Schulen bei diesen Möglichkeiten unterstützen. Wir müssen weg von einer Debatte über Ängste und Probleme, die die digitale Bildung schaffen kann. Hin zu einer Sichtweise, die die Chancen aller Schülerinnen und Schüler in der digitalen Bildungswelt in den Vordergrund stellt. Digitale Elemente sind eine wertvolle Unterstützung des Präsenzunterrichts, für den wir, sobald es die Infektionszahlen zulassen, kämpfen.